Studie über verkehrliche Wirkung im Quartierparking mit FHNW

Das Projekt Quartiersparking 2.0 hat das Ziel, die Parksituation in Quartieren zu verbessern, indem bestehende Parkflächen geteilt genutzt werden. Die Studie zur Wirkung von Quartiersparkings wurde vom Amt für Mobilität Basel-Stadt beauftragt. Das daraus entstandene Projekt Quartiersparking 2.0 führt Parcandi gemeinsam mit Ritz Engineering GmbH und der FHNW durch. Das Bundesamt für Energie fördert das Projekt über das KOMO Programm (https://www.energieschweiz.ch/projektfoerderung/komo) und ermöglicht uns so die Entwicklung eines zukunftsgerichteten Quartiersparkings. Das Projekt ist nun seit August 2022 am Laufen. Zeit für ein erstes Zwischenfazit.

Hintergrund: Die geteilte Nutzung von privaten Parkplätzen war in der Vergangenheit aus diversen Gründen nicht möglich, da für einen klassischen Eigentümer, die Buchung, das Inkasso von Kleinstbeträgen und der Zugang des Nutzers zum Gebäude unüberwindbare Klippen darstellen. Gleichzeitig wissen Anwohner nicht, dass es in ihrem Quartier eigentlich flexible Möglichkeiten zum Parken abseits der Strasse gäbe. Genau hier setzt Parcandi mit dem Quartiersparking 2.0 an. Anwohner, Gäste und Leute, die im Quartier arbeiten, sollen private Parkplätze geteilt nutzen können und dadurch weniger Platz mit ihren Autos im Quartier verbrauchen und unnötigen Suchverkehr vermeiden.

Das Amt für Mobilität hat das Projekt von Anfang an begleitet und in der Konzeption und der Umsetzung tatkräftig unterstützt. So beteiligt sich das Amt für Mobilität beispielsweise massgeblich an der Begleitstudie der FHNW, hilft bei der Einbindung der relevanten Ämter, sowie der betroffenen Anspruchsgruppen, wie beispielsweise den Anwohnern im Quartier St. Alban-Vorstadt (BS).

Im Rahmen des Projekts werden Quartiersparkings in drei Ebenen untersucht

  • Wie sieht die Situation am Pilotstandort 1 in Basel aus, wo eine bestehende, private Einstellhalle zu einem Quartiersparking aufgewertet wird?
  • Wie werden die bestehenden Parcandi Standorte in der Schweiz als Quartiersparking genutzt und welche verkehrlichen Wirkungen ergeben sich daraus?
  • Wie kann für den Pilotstandort 2 ein zukunftsgerichtetes Quartiersparking bereits vor dem ersten Spatenstich mitgeplant und später betrieben werden?

Projektumsetzung: Wir haben unsere Plattform im Rahmen des Projekts an den verschiedenen Standorten gezielt weiterentwickelt und den Betrieb jeweils unter realen Bedingungen pilotiert. Dabei ging es nicht nur um den wirtschaftlichen Betrieb und die Akzeptanz im Quartier, sondern auch um Mehrwerte für die Stakeholder und die verkehrliche Wirkung. Das Angebot von Parcandi wurde im Hinblick auf dieses Ziel und entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Standortes überarbeitet und kontinuierlich optimiert. 

PILOTSTANDORT 1 – Basel im Quartier St. Alban-Vorstadt am Picassoplatz:

Der erste Pilot drehte sich um die Öffnung der Einstellhalle eines bestehenden Bürogebäudes für fremde Nutzer, wie Anwohner und Besucher des Quartiers. Das bestehende Gebäude bot sich durch eine tiefere Nutzung aufgrund vermehrten Home-Office, verbunden mit einer zentralen Lage im Quartier für ein Quartiersparking 2.0 an. Auch bestand seitens der Mitarbeiter der Bedarf nach flexibleren Nutzungsmöglichkeiten. Dazu wurden neue Mietmodelle eingeführt, so dass neben den Büromietern auch externe Gäste und Anwohner von den ansonsten ungenutzten Parkplätzen profitieren können. Die dafür notwendigen Anpassungen für das Angebot von Parcandi waren vielfältig. So mussten die allgemeinen Geschäftsbedingungen erweitert werden, um die neuen Mietmodelle rechtssicher abzubilden. Eine automatische Kennzeichenerfassung ermöglicht nun den Zutritt für die unterschiedlichen Nutzer ganz ohne Smartphone, Schlüssel oder Funksender. Verschiedene Bezahlmöglichkeiten runden das neuartige Angebot für die regelmässigen Nutzer ab. Ein wesentliches Augenmerk liegt während des Betriebs auf den Hauptnutzern des Gebäudes – für diese dürfen durch die zusätzlichen Nutzer keine Beeinträchtigungen, sondern ein Gewinn an Komfort entstehen.

Ausgewählte Ergebnisse: Die Kundenzufriedenheit bei Google für den Standort ist mit einer Durchschnittswertung von 4.6 (von 5 Sternen) durchweg hoch. An der Bewertung haben sich 46 Nutzer beteiligt. Die Auslastung des Gebäudes wurde durch das Quartiersparking 2.0 nachhaltig gesteigert, so dass der knappe Platz im Quartier effektiv entlastet wurde. Auch aus Sicht des Eigentümers ist das Quartiersparking 2.0 ein voller Erfolg, da sich durch die neuen Nutzungsmöglichkeiten zusätzliche Ertragsströme ergeben.

Begleitstudie zur verkehrlichen Wirkung: Im Rahmen der FHNW-Begleitstudie über die verkehrliche Wirkung von Quartierparkings, zusammen wurden unter Leitung von Prof. Alexander Erath umfassende Erkenntnisse gewonnen. Nachfolgend das Fazit und die wichtigsten Handlungsempfehlungen (Link Studie: https://irf.fhnw.ch/handle/11654/38689).

Fazit: Die flexible Vermietung von bisher leerstehenden oder über den Tagesverlauf nur teilweise genutzten Parkfelder führt dazu, dass diese Parkfelder besser genutzt werden. Dadurch nimmt die Nachfrage nach privaten und öffentlichen Parkfelder ab, was die Möglichkeit bietet, dass in der unmittelbaren Umgebung Parkfelder abgebaut und umgenutzt werden können. Damit diese erwünschten Effekte der flexiblen Vermietung von privaten Parkfeldern eintreten und eine relevante Anzahl an Parkfelder im öffentlichen Raum umgenutzt werden können, bedarf es verschiedener Anpassungen in Bezug darauf, wie private Parkfelder derzeit vermietet werden. Zudem bedarf es verschiedener Anpassungen der regulatorischen Bestimmungen in Bezug auf die Erstellung und Nutzung von privaten Parkfeldern, die sicherstellen, dass durch die flexible Vermietung privater Parkplätze öffentliche Parkfelder abgebaut werden können. 

Handlungsempfehlungen:

  1. Flexible Parkraumnutzung: Die Bereitstellung von Parkplätzen zu Zeiten, in denen der Parkdruck hoch ist, kann dazu beitragen, den Bedarf an anderen Parkplätzen zu reduzieren. Dazu gehört die flexiblere Nutzung von privaten Parkplätzen nachts in Gebieten mit hohem Nachfragedruck in der blauen Zone.
  2. Erweiterte Standorte: Um den Druck auf städtische Parkplätze in Wohnquartieren zu verringern, sollten mehr private Parkplätze für die flexible Nutzung zugänglich gemacht werden. Dies erfordert neue Zusammenarbeiten mit Liegenschaftsbesitzenden und Mietern, die ihre Parkplätze hauptsächlich tagsüber nutzen.

Diese Ergebnisse und Empfehlungen sind entscheidend, um die Auswirkungen der flexiblen Vermietung von Parkfeldern besser zu verstehen und eine nachhaltige Parkraumnutzung in städtischen Gebieten zu fördern.

Die Ergebnisse der Begleitstudie sind ein deutliches Signal für uns, dass wir mit unserer Vision eines Quartiersparking 2.0 auf dem richtigen Weg sind und einen wertvollen Baustein für eine nachhaltige Mobilitätsentwicklung des städtischen Raumes spielen können. Die Ergebnisse aus der Begleitstudie und aus unseren Erfahrungen aus dem Betrieb sind für uns sehr wertvoll für eine zielgerichtete weitere Entwicklung des Projekts an den verschiedenen Pilotstandorten. Gerade die Zusammenarbeit mit dem Kanton Basel-Stadt hat uns für zahlreiche Belange und Möglichkeiten vor Ort sensibilisiert. Dies stellt für uns wertvolle Erfahrungen dar, die wir gerne auch auf andere Orte, Situationen und Gegebenheiten anwenden möchten.

Für den Pilot zwei in Bussigny laufen beispielsweise bereits intensive Vorarbeiten, der Bezug ist Angang März 2024 geplant. Die Anpassungen und Vorarbeiten umfassen neben einem komplett digitalisierten öffentlichen Parkhaus teilbare Lademöglichkeiten für Elektrofahrzeuge und somit einen weiteren Baustein für eine lokal CO2 neutrale Mobilität.